Nellis und Janas großes Abenteuer

Zwölfte Woche

23. Mai

Puuh, das wird draussen immer wärmer und man kann dem Schnee auf den Bergen beim Schmelzen richtig zusehen. Anwohner von irgendeinem Wasser schließen schon Wetten ab, wer zuerst unter Wasser steht. Bin ich mal wieder froh, dass ich hier kein Haus hab und auch bald nicht mehr wohne :) Noch 9 Arbeitstage und langsam kommt die Panik hoch, dass ich es nicht mehr schaffe, mein Vermächtnis zu regeln. Dauernd irgendwelche mehr oder weniger spontanen Meetings und schwupp, ist der Tag wieder rum.

Scott fliegt übrigens mit Air France. Hoffentlich kommt er am siebten Juli heil und wohlbehalten bei uns an. Sein Worst Case Scenario ist Stranden in Paris ohne die Sprache zu können ... Dideldidumm. Dann muss ihn halt einer von uns abholen :) Eben hab ich gecheckt, ob für meine Backorgie übernächsten Sonntag alles beim Albertson's zu haben ist. Bis auf geriebene Nüsse und Hefe hab ich alles gefunden. Und Rum werde ich wohl keinen reintun in Mormonistan.

Ich freu mich dumm und dusselig auf zuhause. Aber doof ist es schon, dass ich grade jetzt gehen muss, wo sich alle Provowichtel an meine Anwesenheit gewöhnt haben und ich eine von ihnen bin. Nun ja, dann wissen sie, was ihnen in zwei Wochen fehlt :) (Ganz und gar nicht übergeschnappt, die Frau).

Was mir total fehlt, ist spontanes Kneipegehen oder abends gemütlich durch die City schlendern. Abends nach der Arbeit in die Kneipe gehen und gemeinsam Wundenlecken hat schon eine wichtige soziale Funktion. Wie kommen die hier bloß ohne aus? Und zwei Gläser Wein in drei Monaten ist auch sehr unnormal. Es sollten eher ein paar Flaschen sein :) AJ, such schon mal einen lecker Merlot oder Shiraz raus!

24. Mai

Schon wieder ein Tag weg. Die Arbeit sortiert sich langsam, aber es wird richtig eng. Zum Glück hat AJ den Kurzurlaub organisiert. Ich hab so das dumpfe Gefühl, dass wir noch gar nicht wissen, wie sehr wir den brauchen werden. Das mit dem Flooding wird immer lustiger. Ich muss die Tage mal in den Provo Canyon fahren und gucken, wie es da wassermäß aussieht.

Wo wir grade beim Thema Wasser sind. Ich wollte schon immer mal diesen Link hier hypen. Wenn man sich vorstellt, dass ich hier nur 200 Dollar Flugreise von diesem tollen Schiff weg bin, muss ich mich selbst bewundern, dass ich nicht schon längst hingeflogen bin und wallgefahrtet habe. Nächstes Mal!

Und sonst? Sonst muss ich noch meinen AutoYaST-Vortrag vorbereiten und den vym-Artikel schreiben, den ich den CS-Leuten versprochen hab. Und danach ist dann Backtag und dann ist Flugtag. Danach dann zwei Tage Schlaftag und dann Ferien. Finde ich schon seeeehr übersichtlich. Scott hat heute mit Erschrecken festgestellt, wie lange so drei Monate sind — er hat die Wochenanzeige dieses Blogs angeguckt. Hoffentlich verlässt ihn jetzt nicht der Mut ...

Ein bisschen fuchst es mich, dass ich die ganzen tollen Sachen hier in der Umgebung nicht mehr machen kann: Timp hat noch (zuviel) Schnee, Sundance steht wahrscheinlich unter Wasser und der BST ist immer noch dicht. Müssen wir wohl nochmal wiederkommen.

25. Mai

Beinah hätte es diesen Eintrag nicht gegeben. Mein Kopf und mein Nacken tun mir weh als wollten sie zerspringen. Aber zum Glück macht Aspirin Migräne einen so müde, dass man meistens eine kleine Portion Schlaf kriegt und danach dann schon halbwegs wieder funktioniert. Dumm nur, dass man sie nicht vorm Autofahren nehmen darf. Ist eine Nachmittags-/Abendsdroge, leider.

Trotz Brummschädel heute mein Riesenmonsterkapitel fast fertig gekriegt. So langsam kann ich es nicht mehr sehen. Und ich weiss vor allem nicht mehr, was ich eigentlich drinstehen hab :( Die lieben Heimatwichtel lassen es sich derweil beim Pawar gutgehen. NEID! Ich will auch!

Eigentlich hochgradig seltsam, dass es nur noch zweimal Arbeitengehen vor dem (langen) Wochenende sind. Früher sind mir die Wochen hier deutlich länger vorgekommen :)

Entschuldigt mich mal jetzt, ich muss dringend wieder ins Bett und gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz lange Schlafen und hoffentlich morgen ohne Kopfschmerzen aufwachen. Btw. im xten Anlauf hab ich seit fünf Tagen mein Cortison auf die Hälfte reduziert. Sieht fast so aus, als könnte es diesmal hinhausen. Daumendrücken!

26. Mai

Müsste mich eigentlich noch auf die AutoYaST-Demo vorbereiten. Hab aber nicht die allergeringste Lust dazu :( Ansonsten wird die Arbeit tatsächlich weniger. Morgen kann ich die restlichen Arbeitstage an einer Hand abzählen. Seltsames Gefühl das. Danach kommt die Zeit, wo man alles zum letzten Mal macht oder sieht: Self-Checkout beim Einkaufen, orange Fahne wedeln beim Straße queren, Provo Canyon hochfahren, Bücher shoppen, mit Elizabeth und Brynne einen Mittagssnack erjagen (warum haben wir keine solche 1a-Kantine?), Meetings als Selbstzweck erleben, Autofahren ... . Ich FREU mich drauf! Jedenfalls ein ziemlich großes bisschen.

Heute hab ich die Website von Michael Palin im Netz gefunden (tja, wo man die sonst wohl so findet) und hab furchtbares Heimweh nach NZ gekriegt: lest mal ab hier weiter. Ich will auch wieder hin. Zum Teufel mit den Flugskrupeln! Aber es wäre wirklich am besten, wenn man sich einfach tieffrieren lassen könnte und dann am Zielort wieder auftauen könnte. Dann schmerzen einem die Beine nicht so unsäglich. Vielleicht ist dann auch der Jetlag ausgetrickst ... Hehe, in zwei Wochen um diese Zeit hab ich bestimmt wieder einen! Und ich freu mich drauf. ... Und jetzt mach ich noch Feinschliff an meinem Vortrag, um dann selbstzufrieden ins Bett zu fallen :)

27. Mai

Wochenende!!! Mein vorletztes noch dazu! Und paradoxerweise füllt sich mein Terminkalender jetzt auf den letzten Metern so doll, das es fast in Stress ausartet. Samstag und Sonntag faulenze ich in guter alter Tradition in den Tag hinein, ein bisschen last-minute Shoppen für Zurückgebliebene ist auch noch drin. Montag besuche ich Brynne und ihre ganze Familie samt Enkelchen zum Memorial Day Picknick (wieder eine Fahrt nach SLC, damit ich nicht aus dem Training komme :)).

Sonntag ist Backorgie bei Scott und Montag dann werde ich in alter Dokuwichtltradition die letzte Nacht vor dem Abflug bei Trish schlafen, was mir die halbe Anfahrt zum Flughafen spart. Zwischendrin sind noch die üblichen Meetings auf der Arbeit und ein etwas mit reduziertem Schaum Arbeiten. Hach, was tut das gut :)

Die AutoYaST-Demo ist sehr gut gelaufen, wenn man mal davon absieht, dass Larry und ich bis fünf Minuten vorher das Netzwerkproblem nicht lösen konnten. Dummerweise gibt es mein Gestammel auf Band — Provo-Schreiber schleppen ein Diktiergerät überall mit rum :( Die Demo selbst hat aber total gut geklappt und die meisten Fragen waren auch nicht soooo peinlich schwer. Bin trotzdem mehr als froh, dass es vorbei ist.

Btw.: AJ, das Gezischel vor meinem Fenster ist keine gelangweilte Klapperschlange, sondern ein Rasensprenger, der wohl abends um halb 10 angemacht wird :) Nu ja, lieber einmal über sich selber lachen, als eine Klappernatter vor dem Fenster haben :) Fotos wird es dieses Wochenende wohl erst gegen Montag geben, weil es da so richtig in Sandy in die Hügel geht.

Grade hab ich aus purer Neugierde mal wieder probegepackt. Und siehe da, mein Weihnachtsmannkomplex wird mir zum Verhängnis. Es geht furchtbar knapp ungefähr 95% rein. Ob ich noch ein kleines Täschchen kaufe oder Roulette spielen werde, weiss ich noch nicht, aber es ist furchtbar eng :( Vor allem, weil noch ein paar Mitbringsele ausstehen :( Ich werde wohhl zähneknirschend eine kleine Reisetasche aus meinem Etat schinden :( Grrrrrrrrrrrr! Von ein paar CDs und Büchern wird ein Koffer doch nicht voll ...

28. Mai

Erster Anflug von Wehmut — weil ich demnächst nicht mehr mit einem Timp im Nacken aufwachen werde und meine Samstagvormittage nicht mehr gemütlich beim Borders anfangen :( Mit ein bisschen Verspätung, aber dafür mit umso mehr Gefühl hat es jetzt auch die Hochzeitskarte für Stefan und Nicole auf die Post geschafft. Vielleicht sind die ja in einer Woche, wenn die Karte ankommt, immer noch glücklich verheiratet und freuen sich auch über Nachzugskarten ...

Mein Kofferproblem hat sich beim JCPenneys gelöst. Die Alternativen waren eine bessere Kulturtasche oder was Trolleyartiges mit Wochenendtripausmaßen. Letzteres ist es dann geworden. Bin stolz wie Oskar aus dem Laden spaziert, weil das Ding von den ausgeschilderten 100 Dollar nur 50 gekostet hat uns superschön ist. Tja, mehr Platz für Mitbringsel. Also nix wie zum Borders.

Warum man mitten im Nirgendwo nicht anders kann, als die H-moll Messe vom Bach zu kaufen, kann ich nicht sagen. Ich bin aber sehr zufrieden, dass ich dieser seltsamen Laune nachgegeben hab. Das ist nämlich sehr wunderbar schöne Musik. Die anderen Jagdbeuten erwähne ich nicht, weil sie Mitbringsel sind :)

Heute morgen Kassensturz gemacht und festgestellt, dass ich nicht annähernd soviel ausgegeben hab, wie ich befürchtet hab. Allerdings bin ich froh, dass das hier keine Shoppingmetropole und Sam Weller's in Salt Lake in sicherer Entfernung ist. Sonst sähe die Bilanz wohl anders aus und ich müsste Überseecontainer voll mit seltsamen Büchern packen und AJ und ich ein Haus um die Bücher bauen :)

Seit gestern abend bin ich eifriger Leser von Michael Palin's Website (Links siehe 26. Mai) und verschlinge "Around the World in 80 Days". Herrlich, wie jemand mit so wenig Worten so viele verschmitzte Kommentare abgeben kann. Besonders lustig sind immer die Episoden, wenn er Durchfall hat. Wie man solche Situationen mit einem Rest von Würde und Selbstironie beschreiben kann ... Gisela scheint sich auch auf der Seite festgelesen zu haben.

Hach, es ist richtig fein, seine letzten Tee (bzw. Chai) Reste aufzutrinken, klasse Musik zu hören und ein bisschen vor sich hinzutippen. Wenn die Messe wirklich so lang ist wie draufsteht (2 CDs), dann haben die CoolSolutions-Leutchen tatsächlich eine Chance auf ihren vym-Artikel. Danach dann eine Runde Yoga bis wieder alle Muskeln protestieren und dann werden die Vorräte weiter dezimiert. Keine Lust, irgendeinem Kollegen ein Vermächtnis aus Campbell's Soup und Spaghetti und Waschpulver zu hinterlassen :) Vielleicht geht die Bilanz ja auf.

29. Mai

Heute ist mein absoluter Murphy-Paradetag. Es geht so viel schief oder beinah schief, dass ich mir nicht zutraue, heute Auto zu fahren. Könnte ja was kaputtgehen dabei. Fägt der Tag doch damit an, dass ich beim Telefonieren an der Wand gegenüber eine vier cm große, schwarzglänzende Spinne seh. Totschlagen wollte sie sich nicht lassen, aber immerhin war ich so nah dran, dass ich die rote Zeichnung sehen bzw. ahnen konnte. Jetzt werde ich den letzten Teil der Reise lang irgendwelche Angstphantasien über Schwarze Witwen haben. Kann nur hoffen, dass sie evtl. ein harmloses Männle ist oder genauso viel Angst vor mir hat wie ich vor ihr. Wer weiss, ob wir nicht schon zwei Monate nebeneinanderhergelebt haben.

Pech Nummer 2: Aceton ins Auge gerieben. War zwar nicht viel, hat aber gebrannt. Also eine Viertelstunde Wasser ins Auge kippen (mit Chlor drin, bestimmt gesund für gereizte Augen). Pech Nummer 3: Lecker Grapefruitsaft auf der Lapoptastatur. Gut, dass es Kleenex gibt!

Jedenfalls ist mir heute nicht nach gefährlichen Abenteuern. Ich kann froh sein, wenn ich nicht vom Stuhl falle und mir einen Schädelbruch hole. Beste Voraussetzungen, meine Ehrenschuld bei den CoolSolutions-Leuten zu begleichen und den vym-Artikel fertigzuschreiben. Und eine kleine Fotoexkursion nach Orem zu unternehmen (zu Fuß!) und die Handyantenne zu fotografieren, die sich als Baum tarnt. Der Designer ist wohl noch am Üben.

Mütter und Gänsemütter wundert euch nicht über meine manchmal seltsam anmutende Interpretation der deutschen Rechtschreibung. Irgendwie sind die paar Kenntnisse, die ich vorher hatte, in den letzten drei Monaten abhanden gekommen. Das fängt sich aber wieder, wenn ich erstmal aus Mormonistan weg bin :)

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